Wie Hersteller das Maximum am POS herausholen
Hersteller investieren massiv in die Marke. Doch am Point of Sale, wo letztlich die Kaufentscheidungen fallen, kommt von dem Markeninvestment kaum etwas an. Mit einer optimierten Präsentation im Handel lässt sich der Return on Investment steigern.
Die Rolle des POS
Bei ihrer Kaufentscheidung lassen sich die Konsumenten in vielen Kategorien von Marken leiten. Außerdem informieren sich die Käufer, vor allem bei größeren Anschaffungen, immer häufiger online. Insofern erscheint es logisch, wenn Unternehmen in die Marke und den Webauftritt investieren. Doch der „Moment of truth“ ist dann dennoch am POS: bekannterweise werden mehr als 70 Prozent der Kaufentscheidungen vom Point of Sale (Pos) beeinf lusst. Das bedeutet: Die Aufwendungen für den Aufbau einer Produktmarke sind vergebens, wenn die Marke am PoS nicht adäquat präsentiert wird und es nicht schafft, potenzielle Käufer anzusprechen. Bekannte Beispiele für gelungenen Transport der Marke an den PoS sind Bosch im Baumarkt, Apple im Consumer-Electronics-Handel oder Maggi im Lebensmitteleinzelhandel. Diesen Beispielen gemeinsam ist, dass sie es schaffen, durch die Kombination von Produktpräsentation, Ladenbau, Verpackungsgestaltung und Markenkommunikation eine Welt zu schaffen, die den Shopper zum Regal führt und zum Kauf animiert.
Nun sind in den meisten Unternehmen nicht immer die Budgets vorhanden, um eine umfangreiche Ladenbauinvestition zu tätigen. Daher müssen Prioritäten gesetzt werden, welche auf das Kundenentscheidungsverhalten in der Kategorie abzustimmen sind.
Während des (geplanten) Einkaufsprozesses kommt der Konsument an einer Vielzahl von Punkten mit der Marke in Berührung. Dies beginnt schon bei der Verwendung des Produkts, startet spätestens mit der Informationsbeschaffung vor dem Kauf, es folgten die Einkaufsstättenwahl, der Besuch und der Kauf im Einzelhandel sowie danach der After-Sales-Service. Bei nicht geplanten Käufen kommt dem PoS eine ganz besonders große Bedeutung zu. Damit man die Relevanz des PoS für das eigene Unternehmen besser einschätzen kann, sollten Informationen darüber vorliegen, wie groß der Anteil der Impulskäufer ist, wie diese suchen und sich entscheiden.
Chancen am POS nutzen
Vielfach konzentrieren sich die Bemühungen der Hersteller auf die Regalpräsentation. Es sollte aber nicht übersehen werden, dass es darüber hinaus am PoS eine Vielzahl an weiteren Kontaktpunkten gibt. Ein typischer Einkaufsvorgang geht vom Parkplatz zum Eingangsbereich, zum Leitsystem, zur Produkt- verpackung, zum Einkaufswagen, zur Infotheke, zum Beratungsgespräch bis hin zur Kasse. Zusätzlich haben viele Shopper heute mobilen Zugang zu Online-Informationen. Grundsätzlich können Hersteller an drei großen Hebeln ansetzen: an der Auffindbarkeit der Präsentation, an der Orientierung innerhalb des Markenauftritts/Regals und an der Unterstützung bei der Kaufentscheidung.
Lage der Markenpräsentation
Die Lage der Präsentation innerhalb der Filiale entscheidet nicht nur darüber, wie viel relevante Frequenz am Regal zu erwarten ist, sondern auch welcher Aufwand betrieben werden muss, um potenzielle Käufer zum Regal zu führen. Dabei stimmen die Vorstellungen der Hersteller mit denen des Handels häufig nicht überein, weshalb Hersteller ihre gewünschte Platzierung häufig nicht erreichen können. Dennoch bieten sich gerade bei größeren Umbauten im Handel Möglichkeiten, durch eine faktenbasierte Argumentation eine Änderung der Platzierung zu erreichen. Neben der Änderung der Platzierung gibt es weitere Möglichkeiten, die Auffindbarkeit zu verbessern. Wo immer möglich, sollte neben dem Markenlogo ein zur Marke und zum Produkt passendes Key-Visual eingesetzt werden, welches gut aus der Ferne erkennbar ist und den Shopper neugierig macht. Ebenso hilfreich ist ein einheitliches und markantes Verpackungsdesign, welches dem Regal schon aus der Entfernung einen aufmerksamkeitsstarken und unverwechselbaren Look gibt – so zu sehen bei der Präsentation von Kärcher im Baumarkt.
Effiziente Orientierung am Regal
Der Orientierung innerhalb der Kategorie/Markenpräsentation kommt eine häufig unterschätzte Bedeutung zu. So zeigen Untersuchungen eindeutig, dass Shopper bei einem Regal mit mangelhafter Orientierung weniger beziehungsweise weniger wertig kaufen oder Kaufvorgänge gleich ganz abbrechen. Umgekehrt steigert eine gute Orientierung die Kaufwahrscheinlichkeit sowie die Wahrscheinlichkeit, dass eine höherwertige Alternative gekauft wird. Grundbedingung für eine schnelle Orientierung ist die Präsentation gleichartiger Artikel: diejenigen Produkte, die vom Konsumenten als ähnlich angesehen werden, sollten örtlich zusammen platziert werden. Dies ist leichter gesagt als getan, weil häufig nicht klar ist, wonach der Kunde Artikel auswählt: nach Farbe, Größe, Bauart, Verwendungszweck, Preis usw. Erschwerend kommt hinzu, dass Hersteller ihre interne Kategorisierung, die zum Beispiel nach Produktionsgesichtspunkten erfolgt ist, dann einfach an den PoS übertragen, der Shopper aber gänzlich anders sucht. Hier hat es sich bewährt, mit marktforscherischen Methoden die Produktsegmentierung und das Entscheidungsverhalten aus Kundensicht zu beleuchten.
Die einsetzbaren Regalelemente hängen vom Umfang der Präsentation ab. Bei größeren Präsentationen sind sowohl Header als auch Regalfahnen/-teiler zu empfehlen, um die Orientierung zu vereinfachen. Entscheidend bei diesen Elementen: die Wahl einer passenden Bezeichnung oder eines Visuals, welche beim Shopper keine Fragen offen lassen. Falls sich das Sortiment in eigenständige Subsegmente aufteilen lässt, können verschiedenfarbige Rückwände oder Regalleisten die Orientierung ebenfalls vereinfachen. Beispiel für den gelungenen Einsatz von Elementen zur Orientierung am Regal ist der Auftritt von Tesa im Baumarkt.
Hat der Käufer den gewünschten Produkttyp erst einmal gefunden, so nimmt er sich für den Produktvergleich deutlich mehr Zeit als für die Suche. Daher ist es möglich, dafür am Regal auch komplexere Elemente einzusetzen, ohne den Shopper zu überfordern.
Beratung am Markenauftritt
Im Selbstbedienungshandel ist es für den Konsumenten kaum möglich, qualitativ hochwertige persönliche Beratung zu erhalten. Dennoch gibt es Möglichkeiten, wie Produktinformationen anschaulich auf bereitet werden können: Erläuterungen können auf der Rückwand, auf den Regalleisten oder in Broschüren platziert werden. Ebenso hilfreich, aber im Handling schwieriger, sind Flyer, die regelmäßig nachgefüllt werden müssen. Sind Produkte ausgepackt ausgestellt, können auf diesen Informationen per Hangtag kommuniziert werden, beispielsweise zu Zubehörartikeln. Sehr flexibel sind Bildschirme am Regal, die zentral über Mobilfunk bespielt und gesteuert werden können. Die Anfangsinvestitionen sind hierfür zwar relativ hoch, doch ersparen sich Hersteller den Aufwand für Druck und Austausch der Printmaterialien.
Sinnhaftigkeit von Digital Signage
Ob Bildschirme am PoS sinnvoll sind, ist im Einzelfall zu prüfen. Es sollte die Frage im Vordergrund stehen, ob man in diesem Medium genügend Informationen zur Verfügung stellen kann, um die Kaufentscheidung zu erleichtern. Da häufig nicht alle relevanten Informationen am PoS gezeigt werden können, bietet es sich an, auf den PoS-Medien und/oder der Verpackung Informationen über ein eventuell vorhandenes Online-Angebot zu geben. Produktinfos können auch über QR-Codes zur Verfügung gestellt werden, welche von gängigen Smartphones verarbeitet werden können. So lassen sich bei Frosta über QR-Codes Kochrezepte zu den Produkten abfragen, was die Kaufentscheidung vor Ort erleichtern soll.
Die Rolle der Verpackung
Ein wesentlicher Punkt, um die Kaufentscheidung zu erleichtern, sind attraktive, aussagekräftige Verpackungen. Diese sollten nicht nur unter den Gesichtspunkten des Produktmanagements gestaltet werden, sondern auch auf ihre Wirkung am PoS hin überprüft werden. Dabei sollte die Verpackung in Optik, Form und Material sowohl auf die Marke als auch auf die Zielgruppe abgestimmt werden. Denn unterschiedliche Zielgruppen haben unterschiedliche Ansprüche an die Verpackung: beispielsweise sprechen bestimmte Formen Frauen und Männer unterschiedlich gut an. Gut gemacht ist zum Beispiel die Verpackung von Ritter Sport, da sich der Konsument bei der Auswahl mittels Farbcodes orientieren kann.
Haptik bei der Kaufentscheidung
Das haptische Erfahren eines Produkts ist für die Kaufentscheidung von sehr großer Bedeutung. Beispielartikel sollten deshalb ausgepackt und testbar präsentiert werden. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn die Produkte besonders hochwertig verarbeitet sind, weil sich diese Produkteigenschaft so am besten demonstrieren lässt.
Zusammenfassung:
Zur Optimierung der Präsentation im Handel lässt sich an vielen Stellschrauben drehen. Dafür ist es erforderlich, sich auch mit den Details des PoS- Auftritts eingehend zu beschäftigen. Der Lohn der Mühen: Je nach Ausgangssituation sind Umsatzsteigerungen von über 20 Prozent auf gleicher Regalfläche keine Seltenheit.
Wie lässt sich das Potenzial heben?
Sofern Erkenntnisse zum Kundenkaufverhalten noch nicht ausreichend vorhanden sind, empfiehlt es sich, diese in einem ersten Schritt durch Shopper-Research zu erheben. Danach sollten Sie sich einen Überblick über die möglichen Elemente im PoS- Auftritt und deren Wirkung auf den Käufer verschaffen.
In einem weiteren Schritt werden die Elemente priorisiert und deren Inhalte ausformuliert, sowie das Modul grafisch visualisiert. Zu guter Letzt sollte das Gesamtpaket mit einer stichhaltigen Argumentation in eine attraktive Sell-in-Präsentation für die Handelspartner verpackt werden – denn am Ende entscheidet immer noch der Handel, wie er seine Fläche bespielt.
Autor: Mag. (FH) Hannes Nechansky
Der Artikel ist 2012 in der Absatzwirtschaft erschienen.