Vergesst Online!
Die meisten Hersteller evaluieren heute, ob und in welcher Form ein Online Vertrieb für sie vorteilhaft ist. Fragen die dabei gestellt werden sind dabei über welche Händler verkauft werden soll, technische und visuelle Fragen, die Preisstellung will überlegt werden und auch wie bestehende Vertriebspartner darauf reagieren werden.
Und natürlich, es gibt tolle Geschichten von Unternehmen, die mit Amazon als alleinigem Vertriebspartner Millionenumsätze erzielen. Verlockend ist auch die Aussicht, bei direktem Verkauf an den Endverbraucher höhere Spannen erzielen zu können. Und natürlich versprechen man sich auch mehr Informationen über das Kaufverhalten, da eine direktere Transaktions-Beziehung als bisher zu seinen Endverbrauchern entsteht. Für ein junges Unternehmen wird der Vertrieb deutlich vereinfacht, wenn nur über wenige Onlinehändler verkauft wird.
Eignet sich diese Strategie aber für Hersteller, die schon am Markt etabliert sind und ein dichtes Netz an Vertriebspartnern haben? Viele Hersteller haben mittlerweile erkannt, dass der Verkauf über Online-Kanäle mehr Schaden anrichten kann als er nützt. Beispielsweise versucht Birkenstock sich gerade wieder aus dem Online-Vertrieb zurückzuziehen. Denn die Herausforderungen in diesem Kanal sind gewaltig.
Einerseits wird über Online-Kanäle und die damit einhergehende noch stärkere Vergleichbarkeit der Angebote der Preiskampf intensiviert. Der Aufwand, um Preisdumping einzelner Anbieter zu unterbinden, kann beträchtliche Ausmaße annehmen. Andererseits ist auch die Frage der preislichen Konkurrenzfähigkeit des eigenen Webshops kritisch. Bietet man einen wettbewerbsfähigen Preis verscherzt man es sich mit den aktuellen Vertriebspartnern, ist der Preis zu hoch dann leidet der Absatz. Insgesamt ein schwieriger Spagat, der kaum zu lösen ist, es sei denn man schafft es mit hohem Aufwand eine strikte Preisdisziplin im Markt aufrechtzuerhalten (dies gelingt, mit eben diesem Aufwand, vor allem Premium Anbietern). Webshops sind darüber hinaus leicht kopierbar und bieten nur wenige Möglichkeiten, die Marke in Szene zu setzen – denn die technischen Rahmenbedingungen auf Endkundenseite sind für alle Anbieter gleich.
Heißt das nun, dass man „Online“ ignorieren sollte? Nein, natürlich nicht. Denn das Wachstum dieses Kanals ist unübersehbar.
Die Ertragschancen liegen meist am POS
Bei allem Wachstumspotenzial sollten Unternehmen aber nicht außer Acht lassen, wo „die Musik spielt“. Und die spielt immer noch zum überwältigenden Anteil auf der Fläche im Handel.
Hersteller investieren sehr viel in die Marke, am POS kommt aber wenig davon an. Das ist umso bedauerlicher, da nicht nur der Großteil des Umsatzes dort erzielt, sondern auch ein Großteil der Kaufentscheidungen durch den POS beeinflusst und dort angestoßen wird. Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass „Showrooming“ (also der Kauf im Web nach Beratung im stationären Handel) auch einen Gegenpart hat: „ROPO“ (Research Online – Purchase Offline) ist laut Studien mindestens ebenso bedeutend.
Und nicht zuletzt nützt ein gutes Produkt alleine überhaupt nichts, wenn es vom Kunden nicht wahrgenommen wird.
Daher sollten sich Unternehmen damit beschäftigen, wie sie noch mehr aus ihren POS-Aktivitäten herausholen können.
Wie können Marketing- und Vertriebsverantwortliche vorgehen?
Im ersten Schritt ist es wichtig, die aktuelle Situation sehr gründlich zu analysieren: Was ist heute Standard im Handel, wo stehen wir (wirklich), was ist ggf. auch international an Veränderungen schon zu erkennen. Vor allem ist es wichtig zu verstehen, wie die Customer Journey des Kunden beim Kauf der Produkte aussieht, welche Rolle der POS dabei einnimmt und was sich der Kunde vom POS erwartet und was nicht.
Nach der Bestandsaufnahme sollten Sie die Rahmenbedingungen und Leitlinien für die zukünftigen Aktivitäten am POS festlegen. Dabei geht es u.a. um Fragen, wie sich das Unternehmen zukünftig im Mix der Kontaktpunkte aufstellen sowie welche Priorität auf welchen Kontaktpunkten liegen wird. Ebenso wichtig ist die Frage, ob am POS mehr Wert auf Abverkauf oder mehr Wert auf Markendarstellung gelegt werden soll.
Danach starten Sie mit der Entwicklung von praktikablen, möglichst einfach umsetzbaren Maßnahmen, die dem Kunden einen Mehrwert bieten. Es kann gar nicht oft genug betont werden, dass der Kundennutzen immer im Mittelpunkt stehen sollte! Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, leider zeigt meine Erfahrung, dass sich Unternehmen sehr schnell im Detail verlieren, vor allem dort wo es um Technologie am POS geht. Technologie ist eben meist nicht praktikabel und einfach umsetzbar, und dem Kunden bietet sie auch häufig nur geringen Mehrwert. Achten Sie nur einmal auf die Akzeptanz der verschiedenen Touchscreen-Lösungen im Handel, diese ist sehr überschaubar.
Danach sollte alles so ausgerichtet werden, dass möglichst schnell in die Umsetzung gestartet werden kann. Das bedeutet besser auf einige aufwändige Elemente zu verzichten, als einen günstigen Zeitpunkt, zB Saisonbeginn zu verpassen.
Sind nur die großen Player in der Lage am POS etwas umzusetzen?
Oft höre ich, dass Mittelständler schon alleine aus Budgetgründen kaum eine Chance haben, sich am POS durchzusetzen, und überhaupt wären nur die Top-Marken für den Handel wirklich interessant.
Das ist nur in Teilen richtig, und vor allem eine Frage der Prioritätensetzung und auch des Knowhows, welches in den Themenbereich POS investiert wird. Wenn am Ort des Geschehens möglichst hoher „IMPACT“ erzielt werden soll, kommt man als Hersteller nicht darum herum, die Aktivitäten am POS aufzuwerten.
Erfolgreiche POS-Ansätze müssen nicht automatisch kostspielig sein. Und auch weniger etablierte Marken werden für den Handel interessant, denn mit den „Großen“ Marken alleine kann man sich als Handelsunternehmen nicht mehr ausreichend differenzieren.
Also ein interessantes Potenzial für Hersteller, das diese nicht ungenutzt lassen sollten!